39 solitude die familie fischers wikimedia commons gemeinfrei

Der 18. Juni 1746 ist der Geburtstag des „Schwäbischen Klassizisten“ Reinhard Ferdinand Heinrich Fischer. Der Architekt des Herzogs Carl Eugen vollendete Schloss Solitude und errichtete viele weitere Bauwerke. Viele Jahre arbeitete Fischer in unmittelbarer Nähe des Herzogs und machte eine steile Karriere. Die Nähe zu Herzog Carl Eugen gibt immer schon Anlass zur Vermutung: War Fischer möglicherweise ein uneheliches Kind des Herzogs?

EIN UNEHELICHER SOHN DES HERZOGS?
Am 18. Juni 1746 wurde Reinhard Ferdinand Heinrich Fischer geboren. Er ist der Sohn des württembergischen Hofkammerrates und Küchenmeisters Friedrich Johann Ernst Fischer und seiner Frau Magdalena Barbara – so zumindest lautet der Eintrag im Kirchenregister. Möglicherweise war er jedoch der leibliche Sohn des württembergischen Herzogs Carl Eugen. Denn der absolutistische Herzog, der Württemberg von 1744 bis 1793 regierte, war bei seinen Zeitgenossen vor allem berühmt und berüchtigt für seine aufwändige Hofhaltung, seine gigantischen Bauvorhaben – und für seine zahlreichen Affären. Insgesamt bekannte er sich bei 77 unehelichen Söhnen zu seiner Vaterschaft. Wie viele Kinder Carl Eugen jedoch tatsächlich in die Welt setzte, lässt sich nicht sicher sagen.

IN DIENSTEN DES HERZOGS CARL EUGEN

Der Lebenslauf Fischers lässt eine Vaterschaft Carl Eugens vermuten. Der umtriebige Landesvater sorgte nämlich für seine unehelichen Kinder: Den Töchtern gab er eine reiche Aussteuer zur Hochzeit, den Söhnen ermöglichte er eine Karriere im Staats- oder Militärdienst. Fischer erhielt seine Ausbildung bereits an der Akademie, die später zur Hohen Carlsschule werden sollte, der Gründung des Herzogs Carl Eugen. Seine Lehrer waren unter anderem der Hofmaler Guibal – und der Architekt Philippe de La Guêpière. 1773, mit nicht einmal 30 Jahre, wurde Fischer zum Hofarchitekten Carl Eugens berufen. Nur zwei Jahre später trat er eine „Professor für Civilbaukunst“ an. Den Höhepunkt seiner Karriere erreichte er 1797, als er zum Oberbaudirektor ernannt wurde. Fünf Jahre später ging er in den Ruhestand, in dem er 1813 verstarb.

BAUWERKE IM GANZEN LAND
Fischer war ein früher Vertreter des Klassizismus, des Stils, der im späten 18. Jahrhundert den Barock ablöste. Man rechnet ihn in Württemberg zu den Meistern des sogenannten „Schwäbischen Klassizismus“. Die Architekten des neuen Stils orientierten sich verstärkt an antiken Vorbildern mit Tempelfronten, mit Säulen und Giebeln. Fischer baute im ganzen Herzogtum. In Tübingen baute er anlässlich des 300-jährigen Jubiläums der Universität 1777 die Alte Aula um und erweiterte sie. Das Gebäude war der zentrale Bau der schwäbischen Bildungseinrichtung. In Calw gestaltete er das klassizistische Palais Vischer, in dem heute das Stadtmuseum Calw sitzt. Eine seiner größten Bauaufgaben war ein Schloss für den schon älteren Herzog Carl Eugen: Er war der Architekt der Schlossanlage in Hohenheim, oberhalb von Stuttgart gelegen, das er für den Herzog und seine spätere zweite Frau Franziska von Hohenheim errichtete.

DIE INNENAUSSTATTUNG VON SCHLOSS SOLITUDE
Eine von Fischers ersten größeren Aufgaben war die Fertigstellung von Schloss Solitude. Sein Lehrmeister Philippe de La Guêpière hatte den bereits begonnenen Schlossbau in den ersten Jahren geleitet: Der Franzose war von 1752 bis 1768 württembergischer Hofarchitekt; er leitete den Ausbau des Neuen Schlosses in Stuttgart und entwarf die Mehrzahl der Innenräume von Schloss Solitude. 1768 quittierte Guêpière seinen Dienst als württembergischer Hofarchitekt und ging zurück nach Paris. Daraufhin übernahm der junge Fischer die Bauleitung und vollendete die Solitude. Die Inneneinrichtung führte er dabei im Stil de La Guêpières fort. Trotz der Größe des Projekts verlor der Herzog rasch das Interesse an seinem „Schloss in der Einsamkeit“ und wandte sich neuen Bauten zu. Gebäude und Garten wanderten aus dem fürstlichen Fokus. Nach aufwändigen Restaurierungen in den 1980er-Jahren erstrahlt Schloss Solitude heute wieder in seinem alten Glanz. Der graziöse Bau mit seiner überwältigenden Aussicht weit ins Land ist einer der bevorzugten Ausflugsorte im Großraum Stuttgart. Seit kurzem ist es nach der Corona-bedingten Schließung wieder zu besichtigen – ein Kleinod und das erste größere Werk von Architekt Reinhard Ferdinand Heinrich Fischer.

BILDNACHWEIS
Familie von Reinhard Ferdinand Heinrich Fischer
Gemälde von Philipp Friedrich Hetsch, 1788
(Wikimedia Commons, gemeinfrei)

SERVICE UND INFORMATION
ÖFFNUNGSZEITEN
Fr–So, Feiertag 11.00 – 16.00 Uhr

PREIS
Erwachsene 4,00 €, Ermäßigte 2,00 €, Familien 10,00 €

INFORMATIONEN
Schloss Solitude

Solitude 1

70197 Stuttgart

Telefon +49(0)7 141.18 64 00

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www.schloss-solitude.de 
www.schloesser-und-Gaerten.de